
Dr. Julian Hosp|Mar 30, 2025 03:33
Das Märchen vom Netzwerkeffekt bei Bitcoin
Immer wieder hört man das Argument, Bitcoin verfüge über einen starken Netzwerkeffekt. Dieses Argument stützt sich häufig auf das sogenannte Metcalfe’s Law, welches besagt, dass der Wert eines Netzwerks exponentiell mit der Anzahl der Nutzer steigt. Doch trifft das tatsächlich auf Bitcoin zu?
Metcalfe’s Law
Metcalfe’s Law besagt, dass der Wert eines Netzwerks proportional zum Quadrat der Anzahl seiner Nutzer wächst. Einfach gesagt bedeutet das, dass jedes zusätzliche Mitglied den Wert des Netzwerks exponentiell erhöht, weil potenziell neue Verbindungen und Interaktionen möglich werden. Dieses Prinzip erklärt, warum soziale Medien wie Facebook oder WhatsApp so schnell an Bedeutung gewinnen: Jeder Nutzer profitiert unmittelbar von der zunehmenden Größe des Netzwerks, da er mehr Kontakte erreichen und Inhalte einfacher teilen kann.
Das Märchen vom Netzwerkeffekt bei Bitcoin
Die Annahme, Bitcoin habe denselben starken Netzwerkeffekt vergleichbar mit sozialen Medien wie Facebook oder Twitter, hält einer kritischen Betrachtung nicht stand. Bei klassischen Netzwerken profitieren Nutzer unmittelbar davon, Teil des Netzwerks zu sein, da Kommunikation, Austausch oder Gemeinschaft sofortige Vorteile bieten. Jeder zusätzliche Teilnehmer erhöht den Nutzen und senkt gleichzeitig die individuellen Kosten.
Im Gegensatz dazu bringt der Beitritt zum Bitcoin-Netzwerk nicht automatisch Vorteile, sondern vielmehr Kosten und Risiken. Neue Nutzer müssen Bitcoin kaufen, oft zu hohen Preisen, und tragen das volle Risiko von Kursschwankungen und möglichen Verlusten. Anstatt von neuen Teilnehmern unmittelbar zu profitieren, entstehen ihnen direkte finanzielle Belastungen.
Dies zeigt sich besonders deutlich darin, dass prominente Personen oder Organisationen häufig lieber einen eigenen Coin auf den Markt bringen, als Teil des Bitcoin-Netzwerks zu werden. Prominente Beispiele wie Donald Trump, zahlreiche Influencer oder Unternehmen setzen bevorzugt auf eigene Kryptowährungen, um von Anfang an selbst den größten Teil der Gewinne abzuschöpfen.
Warum MicroStrategy der ultimative Bagholder ist
Das Unternehmen MicroStrategy (MSTR) wird oft als Vorreiter institutioneller Bitcoin-Investitionen gesehen. Tatsächlich könnte es jedoch auch als typischer „Bagholder“ betrachtet werden. Seit MSTR in großem Stil in Bitcoin investierte, kamen kaum große Unternehmen hinzu, sondern eher kleinere und private Anleger, die oft nur bestehende Bags übernehmen, ohne dass dadurch ein echter Netzwerkeffekt entsteht.
In den letzten vier Monaten hat Michael Saylor mit MicroStrategy über 23 Milliarden US-Dollar in Bitcoin-Käufe investiert – eine beeindruckende Summe, die auf dem Papier nach Überzeugung und langfristiger Vision klingt. Doch ein genauer Blick offenbart eine bittere Realität: Jeder einzelne dieser Käufe liegt aktuell im Minus. Trotz aggressiver Nachkäufe zu steigenden Kursen ist der Markt nicht mitgezogen – ein klares Zeichen dafür, dass institutionelle Nachfrage keineswegs automatisch den Kurs treibt. Vielmehr zeigt es, wie selbst massive Käufe wenig bewirken, wenn der zugrunde liegende Netzwerkeffekt überschätzt oder gar nicht vorhanden ist.
Ebenso fehlt das Interesse von Staaten, große Mengen Bitcoin zu erwerben. Es gibt für Regierungen keinen rationalen Grund, durch den Kauf von Bitcoin lediglich existierende Großbesitzer (Bagholder) zu bereichern. Stattdessen könnten Staaten ebenso leicht eigene Kryptowährungen schaffen und auf eine Akzeptanz durch andere Marktteilnehmer hoffen. Staaten haben keinerlei Vorteil, Teil eines Netzwerks zu sein, das sie nicht kontrollieren und dessen Gewinne bereits weitgehend verteilt sind.
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die Illusion des Bitcoin-Netzwerkeffekts lieferte kürzlich GameStop (GME). Als das Unternehmen ankündigte, Bitcoin kaufen zu wollen, reagierte der Markt keineswegs euphorisch – im Gegenteil: Die Aktie verlor unmittelbar rund 20 % an Wert. Statt als visionärer Schritt wurde der Bitcoin-Kauf offensichtlich als schlechtes Kapitalmanagement wahrgenommen. Ironischerweise hätte GameStop mit großer Wahrscheinlichkeit mehr Wirkung (und potenziellen Gewinn) erzielt, hätte man – wie Donald Trump – einfach einen eigenen Memecoin lanciert. Das wäre nicht nur im Trend gewesen, sondern hätte auch die Kontrolle und das Potenzial geboten, vom Hype direkt zu profitieren, anstatt sich in die Rolle eines weiteren Bagholders einzureihen.
Bitcoin ohne Nutzen
Im Gegensatz zu klassischen strategischen Reserven wie Gold oder Öl besitzt Bitcoin kein echtes Alleinstellungsmerkmal, das einen absoluten Bedarf rechtfertigen würde. Gold erfüllt industrielle Zwecke und dient als inflationsresistenter Wertspeicher, Öl ist eine kritische Ressource für Energie und Produktion. Bitcoin erfüllt keine dieser Funktionen zwingend. Es gibt zahlreiche Alternativen, sowohl im Kryptobereich als auch traditionelle Anlagen, die dieselben Vorteile bieten können.
Die Vorstellung, dass etwa die USA Bitcoin erwerben könnten, um andere Staaten zur Nachahmung zu zwingen, ist zudem ökonomisch unsinnig. Dies wäre de facto eine bewusste Abwertung des US-Dollars (Fiatgeld) zugunsten eines Assets, das die USA weder kontrollieren noch effektiv strategisch nutzen könnten.
Fazit
Die Annahme, Bitcoin besäße einen starken Netzwerkeffekt, ist bei genauer Betrachtung unhaltbar. Im Gegenteil, viele Faktoren sprechen dafür, dass Bitcoin eher von bestehenden Nutzern profitiert als neue Nutzer von Bitcoin. Für Investoren bedeutet dies, kritisch zu prüfen, ob die These vom Netzwerkeffekt wirklich tragfähig ist oder ob Bitcoin primär von Marketing und Mythenbildung lebt.
Für Krypto-Investoren, die Rendite suchen, lohnt sich ein nüchterner Blick über den Tellerrand. Trotz aller Mythen rund um Bitcoin und seinen angeblichen Netzwerkeffekt zeigt die Realität: Selbst der Tech-Index QQQ (Nasdaq-100 ETF) hat Bitcoin in den meisten relevanten Zeiträumen outperformt – sei es im letzten Jahr, auf Sicht von drei Jahren oder sogar über vier Jahre hinweg. Dabei bietet QQQ nicht nur weniger Volatilität, sondern auch echte Unternehmensbeteiligungen an profitablen, innovationsgetriebenen Tech-Giganten. Wer also langfristig Vermögen aufbauen möchte, fährt mit QQQ oft besser als mit der Hoffnung auf das nächste große Bitcoin-Narrativ.
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